Ist die USt-Sollbesteuerung mit dem EU-Unionsrecht vereinbar?

BFH ersucht den EuGH um eine Vorabentscheidung. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat Zweifel an der bislang uneingeschränkt angenommenen Pflicht zur Vorfinanzierung der Umsatzsteuer durch den Unternehmer und ersuchte daher den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung. Der Ausgang dieses Verfahrens ist von erheblicher Bedeutung für die Praxis.

Diese Sichtweise des Finanzamts entspricht einer jahrzehntelang geübten Besteuerungspraxis. Der BFH bezweifelt aber, ob diese Praxis mit den bindenden Vorgaben des Unionsrechts, der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, vereinbar ist. Auf Vorlage des BFH soll der EuGH insbesondere entscheiden, ob der Steuerpflichtige verpflichtet ist, die für die Leistung geschuldete Steuer für einen Zeitraum von zwei Jahren vorzufinanzieren, wenn er die Vergütung für seine Leistung (teilweise) erst zwei Jahre nach Entstehung des Steuertatbestands erhält.

Die dem EuGH in dieser Rechtssache vorgelegten Fragen dürften von erheblicher Bedeutung für die Praxis sein. Sie beziehen sich in erster Linie auf bedingte Vergütungsansprüche. Aber können auch bei befristeten Zahlungsansprüchen, wie etwa beim Ratenverkauf im Einzelhandel oder bei einzelnen Formen des Leasings von großer Bedeutung sein. Nach gegenwärtiger Praxis besteht auch hier für den der Sollbesteuerung unterliegenden Unternehmer die Pflicht, die Umsatzsteuer für die Warenlieferung bereits mit der Übergabe der Ware vollständig abführen zu müssen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Ratenzahlungen erst über eine Laufzeit von mehreren Jahren vereinnahmt werden.